Erinnerungen beleben
Drei interaktive Prototypen für Menschen mit Demenz
Im Projekt InterMem möchten wir Menschen mit Demenz helfen, schöne Erinnerungen zu beleben und sich darüber mit ihrem Umfeld auszutauschen. Wir erforschen, welche Artefakte die Kommunikation fördern und ein tiefes Erinnerungserleben zulassen. Nach umfangreicher User Research haben wir aus unseren unzähligen Ideen drei Ansätze herausgefiltert und prototypisch umgesetzt. Diese drei Artefakte wurden mit Menschen mit Demenz in verschiedenen Settings getestet.
HÖR MAL: MIT DER JUKEBOX ERINNERUNGEN WECKENMusik aktiviert Menschen mit Demenz und lässt Erinnerungen wach werden. Der Prototyp Jukebox spielt Musik aus der Jugend der Bewohner und zeigt dazu passende Bilder und Videos auf einem eingebauten Bildschirm. Durch die Kombination verschiedener Sinne sollen noch mehr Erinnerungen stimuliert werden.
Die Musik weckt positive Erinnerungen und überbrückt Phasen mit wenig Betreuung durch das Pflegepersonal sinnvoll. Wenn es im Gruppenraum still wird, schaltet sich die Jukebox selbständig ein und wird sanft lauter. Wird es im Raum lauter, zum Beispiel wenn sich Gespräche entwickeln, wird die Jukebox wieder leiser und schaltet sich ab einem gewissen Geräuschpegel ab.
In unserem Test mit rund 24 Bewohnern des Freiburger Pflegeheims St. Marienhaus erfreute die Jukebox die Menschen und regte sie zum Klatschen und Singen an. Allerdings war die Verbindung von Bild und Ton für die meisten Menschen mit Demenz scheinbar nicht ersichtlich, da die Menschen entweder mitklatschten und sangen oder gespannt die Bilder beobachteten.
Beim Test mit rund 25 Bewohnern des Freiburger Pflegeheims St. Marienhaus waren die Reaktionen sehr positiv.
Die Pyramide stimulierte bei der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmer Erinnerungen und regte zur Konversation über Erlebnisse von früher an. Außerdem konnten selbst bei Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz positive emotionale Reaktionen beobachtet werden.
Sobald Interesse oder Erinnerungen der Betroffenen für die Betreuungskräfte erkennbar werden, können diese auf einem zweiten Bildschirm verfolgen, welche Bilder gezeigt werden, und so mit dem Patienten ins Gespräch darüber kommen.
Ziel ist es, den Patienten ein tieferes, angenehmes Erinnern zu ermöglichen und den menschlichen Kontakt zwischen Pflegendem und Menschen mit Demenz zu unterstützen.
Der Prototyp soll durch die Lederoptik bewusst als Fernglas von früher wahrgenommen werden, um Patienten zu motivieren, einen Blick hinein zu werfen.
Dieser Ansatz stellte sich in den Tests mit sechs Personen in einer Tagespflege als erfolgreich heraus. Die Teilnehmenden verstanden die intendierten Metaphern gut und interagierten meist zielsicher mit dem Prototyp. Als zutreffend hat sich dabei auch die Annahme bestätigt, dass Nutzer die Situation der VR-Umgebung leicht selbstständig verlassen können, wenn sie sich unterhalten oder die Interaktion beenden möchten.
Design-Prinzipien für Prototypen
Die drei Prototypen sind Beispiele für Hilfsmittel, die wir in unseren Forschungsprojekten für (pflegebedürftige) Senioren und Menschen mit Demenz gestalten. Dabei gibt es nach unserer Erfahrung ein paar Design-Prinzipien für Prototypen, die wir immer wieder beherzigen:
- Den Nutzer aktivieren und motivieren: technische Funktionalität ist nicht alles
- Menschliche Interaktion fördern und nicht reduzieren: Anregungen zum Austausch bieten
- Be-greifbare Assistenz schaffen: Haptik, Haptik, Haptik!
- Keine stigmatisierenden Lösungen: ansprechende und diskrete Interaktion schaffen
- Orientierung an Universal-Design-Richtlinien: für Pfleger und Patient attraktiv
- Nutzerzentrierung: die Zielgruppen konsequent in die Entwicklung einbeziehen
Die Prototypen sind im Projekt Interactive Memories (InterMem) entstanden und dienen der technikgestützten Biografie-Arbeit und Erinnerungspflege. Das Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter der Fördernummer 16SV7325 gefördert.